Bei der Pansenacidose handelt es sich um eine fütterungsbedingte Störung der pH-Regulation der Vormägen. Sie wird ausgelöst durch einen zu hohen Anteil an leichtverdaulichen Kohlenhydraten (Zucker, Stärke) in der Ration. Das können zu viel Kraftfutter, Getreideschrote, Zuckerrüben, -blatt, Mais, Obst, Treber, Brot oder Bäckereiabfälle sein.
Beim mikrobiellen Abbau der Kohlenhydrate in den Vormägen werden vor allem flüchtige Fettsäuren gebildet (Propionsäure), wobei auch der Anfall an Milchsäure sehr hoch ist. Dadurch sinkt der pH-Wert im Pansen auf Werte unter 6,0 bis 4,0. Normalerweise hat die Wiederkäutätigkeit die Aufgabe, mittels verstärkter Speichelproduktion (Speichel = alkalisch) den pH-Wert abzupuffern. Bei kraftfutterreichen Rationstypen, d.h. hohen Anteilen leichtverdaulicher Kohlenhydrate, gelangen zu geringe Speichelmengen in die Vormägen, wodurch die Übersäuerung weiter ansteigt. Vor allem zu Beginn der Laktation kann es zur Acidose kommen, wenn aufgrund der insgesamt geringeren Futteraufnahme relativ zu große Kraftfuttermengen verzehrt werden. Nur ausreichend strukturiertes Raufutter ist in der Lage, die Speichelsekretion sowie Dauer und Intensität des Wiederkäuens anzuregen. Ausreichend Rohfaser sichert darüber hinaus gute Milchfettgehalte. Ein deutlicher Hinweis auf eine schleichende Acidose sind daher die Milchinhaltsstoffe Fett und Eiweiß. Liegt der Fett/Eiweißquotient (Fett % dividiert durch Eiweiß %) < 1, leidet die Kuh unter einem massiven Rohfasermangel. Äußere Symptome für eine Acidose können Appetitmangel, verminderte Milchleistung, Müdigkeit oder Unruhe, grauer, schmierig-pastöser Kot sowie in schweren Fällen auch Pansenstillstand, Kreislaufversagen, Muskelzittern und Festliegen sein. Innerlich treten vermehrt Pansenschleimhautentzündungen und Labmagengeschwüre auf. Auch eine Häufung von zum Teil massiven Klauen- und Gelenksentzündungen ist zu beobachten!
Der Fett/Eiweißquotient ist jedoch leider nicht in jedem Falle aussagekräftig, da die ätzende Wirkung der Pansenacidose die Futteraufnahme hemmt. Wenn vor allem zu Laktationsbeginn zu der Acidose ein Energiemangel (Ketose) hinzukommt, kann letzterer durch Körperfettmobilisation und Zunahme des Milchfettgehaltes den Fall der Milchfettprozente als Folge des Rohfasermangels überdecken.
Je nach Schweregrad der Erkrankung wird man die betroffenen Tiere auf eine Diät aus Heu, Stroh und Wasser setzen, sowie einmal pro Tag eine orale Gabe von Coffea praeparata oral verabreichen. In schwereren Fällen wird man darüber hinaus auch eine Pansensaftübertragung vornehmen. Zum Abmildern der Folgeschäden bei Leber und Nieren können Kräuterkraft Stoffwechsel sowie etwa 250 g Natrium-Bicarbonat zum Abpuffern der Säure über das Maul eingeben werden. Es ist möglich, zusätzlich auch Leinsamenschleim zum Schutz der Mucosa zu verabreichen. Nur in hochakuten Fällen wird der Tierarzt den Panseninhalt ganz ausräumen. Es hat sich auch als sinnvoll erwiesen, der Kuh 500 g Bäckerhefe zur Thiamin (B-Vitamin)-Versorgung zuzufüttern, da die geschädigte Pansenflora nicht mehr zur Eigensynthese befähigt ist.
Acidose ist keine "gottgewollte" Krankheit, kein "Schicksalsschlag", sondern Folge eines gravierenden Fütterungsfehlers! Die Daten der Milchkontrolle sollte man stets - vor allem nach dem Abkalben im Auge behalten, da sich die Acidose genau wie die Ketose über die Milchinhaltsstoffe ankündigt.
Rinder: Pansenacidose – woher kommt sie und was ist zu tun?
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