…sagt der Rinderpraktiker Dr. Siegfried Moder, Präsident des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte.
Vordergründig werden nur rund acht Prozent der Abgänge den Stoffwechselerkrankungen zugeordnet. Doch die geschätzte Dunkelziffer soll bei 30 bis 40 Prozent liegen. Sie stellen oft die wahren Ursachen hinter den von den Praktikern gemeldeten Fruchtbarkeitsstörungen, Euter- sowie Klauenerkrankungen dar.
Wohl nicht von ungefähr gibt es eine sprachliche Nähe der Begriffe „Leber“ und „Leben“ im Deutschen sowie „liver“ und „live“ im Englischsprachigen. In früheren Zeiten galt die Leber als „Organ der Lebenskraft“, was tatsächlich nicht ganz falsch ist. Denn die Leber ist die Zentrale des Stoffwechsels und beeinflusst viele Körperfunktionen, u.a. das Immunsystem, die Fruchtbarkeit, Euter sowie Klauen. Dieses Organ ist somit erkennbar von großer Bedeutung vor allem für Milchkühe. Fakt ist - noch immer gehen zu viele Kühe vorzeitig ab und erwirtschaften über die erbrachte Milchleistung häufig nicht einmal ihre Aufzuchtkosten. Die Lebenseffektivität der Milchkuh beginnt bei 15 kg Milch pro Lebenstag. Viele Betriebe schaffen das nicht. Dies verdeutlicht, dass in der Krankheitsvorbeuge noch ein riesiges Potential liegt.
Stoffwechsel, was ist das überhaupt?
Der Stoffwechsel, auch als Metabolismus bezeichnet, umfasst sämtliche Prozesse, die der Energieerzeugung sowie dem Aufbau von Körperbestandteilen dienen. Dazu zählen Zellwände, Muskel- und Nervenfasern, Knochen sowie auch die Milchbildung. Dafür benötigt der Körper Bausteine, wie Proteine, Kohlenhydrate, Lipide, Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme.
Es wird zwischen verschiedenen Arten des Stoffwechsels unterschieden. So gibt es den Kohlenhydratstoffwechsel, der den Umbau komplexer Kohlenhydrate in Einfachzucker, wie Glukose und Fruktose, umfasst und der Energiegewinnung dient. Im Eiweißstoffwechsel werden die Eiweiße in Aminosäuren zerlegt, die für den Aufbau von Muskelzellen, Hormonen, Enzymen sowie auch die Energiegewinnung genutzt werden. Beim Fettstoffwechsel wird das Fett zur Energiegewinnung in den Zellen und zur Bildung von Hormonen sowie Botenstoffen verwendet. Fettreserven werden zudem als Energiespeicher angelegt. Der Mineralstoffwechsel stellt beispielsweise Calcium und Phosphor für den Knochenaufbau sowie die Muskeltätigkeit bereit.
Multi-Talent Leber
Das nährstoffreiche Blut gelangt über die Pfortader aus den Verdauungsorganen zur Leber.
Diese ist als wichtigstes Stoffwechselorgan an über 1500 Steuerfunktionen im Organismus beteiligt. Dazu zählen neben der Energiebereitstellung (s.o.) unter anderem die Synthese der Gallensäure, die Entgiftung von Zwischen- und Abbauprodukten des Stoffwechsels sowie von körperfremden Stoffen, die Speicherung von Vitaminen und Spurenelementen, die Regulation des Hormonhaushalts, sowie die Regulierung des Wasserhaushalts, die Blutspeicherung und Beteiligung an der Immunantwort. – Nachvollziehbar also, dass eine Leberschädigung vielfältige und drastische Folgen nach sich ziehen kann. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass heutzutage nahezu jede moderne Milchkuh zumindest subklinisch leberkrank ist. Doch wie ist das möglich?
Leber in Schieflage
Störungen der Leberfunktion können auf unterschiedliche Weise erfolgen. Häufig wird eine Leberverfettung durch energetische Überversorgung zum Ende der Laktation (BCS) verursacht. Eine Leberbelastung kann jedoch auch durch Pilz- und Bakterientoxine (Mykotoxine im Futter, Endotoxine, z.B. durch Absterben der Pansenflora bei Acidose) sowie Medikamente hervorgerufen werden und durch oxidativen Stress (z.B. Selenmangel). Ein deutlicher Eiweißüberschuss in der Fütterung (Harnstoffwerte) und Leberegelbefall beeinträchtigen ebenfalls die Leberfunktion. Folgen dieser Leberschädigung sind Stoffwechselstörungen, wie z.B. die Ketose, welche über die entstehenden Ketonkörper zu einer weiteren Belastung des Organs führt. Trägheit und reduzierte Futteraufnahme, ein Rückgang der Milchleistung, Fruchtbarkeitsstörungen und Klauenprobleme sowie eine Zunahme an Eutererkrankungen durch Schwächung des Immunsystems sind sichtbare Anzeichen der Organschädigung.
Gefahr erkannt…
Weiß man also, dass die „Stoffwechselzentrale Leber“ bei der Milchkuh mit großer Sicherheit enormen Belastungen ausgesetzt ist, kann man gezielt gegensteuern. Dazu gehört in erster Linie die stetige Optimierung von Fütterung, Haltung und Management, um die Tiere in ihrer Stoffwechselsituation möglichst stabil zu halten. Da dies auch aufgrund äußerer, nicht zu beeinflussender Faktoren kaum durchgehend realisierbar sein wird, ist es sinnvoll, sich nach Hilfsmitteln umzuschauen. Rinder sind Pflanzenfresser. Daher ist es der natürlichste Weg, auch zur Stoffwechselunterstützung Kräuter und Heilpflanzen zu wählen.
Es gibt eine Vielzahl an Pflanzen, die in der Lage sind, die Leber in ihren Funktionen zu stärken oder auch zu regenerieren. Im Wesentlichen sind es vier verschiedene Stoffgruppen, die auf unterschiedliche Weise diese positiven Effekte auf die Lebergesundheit bewirken:
Flavonoide (z.B. Mariendistelsamen)
Bitterstoffe (z.B. Artischocke, Wermut, Gelber Enzian, Löwenzahnwurzel)
Ätherische Öle (z.B. Gelbwurzel)
Alkaloide (z.B. Schöllkraut)
Eine sinnvolle Kombination der verschiedenen Wirkprinzipien in Form ausgewählter Kräutermischungen unterstützt den Stoffwechsel der Tiere und hilft, diese gesund zu erhalten. Dies zeigen auch die von zahlreichen Praktikern gemachten positiven Erfahrungen, die durch die Ergebnisse wissenschaftlicher Kräuterfuttermittel-Studien gestärkt werden.