Erkrankungen des Atmungssystems sind sowohl in Rinder- wie auch in Schweinebeständen von großer wirtschaftlicher Bedeutung. In der Folge kommt es bei Zuchttieren zu einem Abfall der Milchleistung sowie zu Fruchtbarkeitsstörungen. Jungtiere oder Mastrinder bzw. -schweine weisen verringerte Gewichtszunahmen auf und kümmern, es kommt zu einer verlängerten Mastdauer, hohen Behandlungskosten sowie in Extremfällen auch zu Tierverlusten. In der Mast ist darüber hinaus stets auch das Antibiotikamonitoring im Blick zu behalten.
Während respiratorische Erkrankungen in den Zuchtbetrieben vor allem gehäuft saisonal im Herbst und Frühjahr auftreten, sehen wir sie auf Mastbetrieben als Crowding assoziierte Form ganzjährig sowie zum Teil mit seuchenhaften Ausbrüchen. In Gefährdungssituationen sowie bei den ersten Anzeichen einer Erkrankung sollte man umgehend aktiv werden.
Atemwegsinfekte, eine Domäne der Pflanzenheilkunde
Es existiert eine Vielfalt an Heilpflanzen für ganz unterschiedliche Anwendungsgebiete. Doch für kaum eines gibt es eine vergleichbare Fülle an potenten Arzneipflanzen wie für die Atemwege: wir haben Pflanzen mit entzündungshemmenden, entkrampfenden, schleimlösenden, keimtötenden, immunstärkenden und fiebersenkenden Eigenschaften. Während chemisch definierte Arzneimittel meist nur gegen ein einzelnes Symptom wirken, besitzen die Heilpflanzen als Vielstoffgemische ausnahmslos einen ganzen Strauß an Heilwirkungen. Sie umfassen auf diese Weise ein breiteres Spektrum an Krankheitsbildern. Bei Atemwegserkrankungen der Nutztiere sind vor allem Pflanzen, die ätherische Öle enthalten, von Interesse.
Ätherisches Öl – was ist das?
Ätherische Öle sind Gemische ganz verschiedener, leicht flüchtiger, fettlöslicher Substanzen mit charakteristischem Geruch. Sie treten vermehrt in bestimmten Pflanzenfamilien auf und werden in speziellen Öldrüsen gebildet. Diese Stoffe können sich in Blättern (Eukalyptus), Blüten (Rose), Samen (Anis), Schalen (Zitrusfrüchte), in der Rinde (Zimt), im Holz (Sandelholz), im Harz (Myrrhe) oder auch in Wurzelknollen (Ingwer) befinden. In der Regel werden ätherische Öle durch Wasserdampfdestillation, aus Zitruspflanzen durch Kaltpressung, gewonnen.
Analytisch hat man über 100 verschiedene Komponenten in einzelnen ätherischen Ölen nachweisen können. Insgesamt sind mehr als 2000 chemische Verbindungen dokumentiert, was diese Naturstoffe für die Heilkunde so interessant macht. Manchmal sind es einzelne, manchmal mehrere sich in ihrer Wirkung auf den Organismus ergänzende und verstärkende Komponenten, die die pharmazeutische Anwendung des jeweiligen Öls begründen. Durch die sinnvolle Kombination verschiedener ätherischer Öle kann die Wirkungsbreite gegenüber dem eines einzelnen durch Synergieeffekte noch deutlich erweitert werden.
Den Atemwegserkrankungen etwas husten…
Eine Kombination ätherischer Öle, die bei Infekten der Atemwege zur Anwendung kommt, sollte das Problem von verschiedenen Seiten angreifen. Es wäre wünschenswert, sowohl eine direkte antibakterielle und/oder antivirale Wirkung zu erzielen, dazu entzündungshemmende, entkrampfende und schleimlösende, das Abhusten erleichternde Effekte zu bewirken. Eine Appetitanregung und Vitalisierung der Tiere ist die erkennbare Folge. - Bei Nutztieren werden ätherische Öle in der Regel über das Maul verabreicht. Aufgrund ihrer kleinen Molekularstruktur gelangen diese Stoffe rasch über die Schleimhäute in den Blutkreislauf und auf diesem Wege bis in die feinsten Verzweigungen der Bronchien. Das begleitende Versprühen oder Vernebeln spezieller Ätherischöl-Kombinationen im belegten Stall ist ebenfalls sinnvoll. Ausgesuchte, fachlich fundierte Zusammenstellungen fein versprühter ätherischer Öle sind in der Lage, gezielt die Keimdichte in der Stallluft zu reduzieren und damit bei Atemwegserkrankungen den Infektionsdruck zu senken. Dadurch kann die Gefahr der Ansteckung noch gesunder Tiere mittels Tröpfcheninfektion deutlich vermindert werden. Ein positiver, wohltuender Nebeneffekt ist die erleichterte Atmung durch Inhalation der ätherischen Öle.
Drei Beispiele: Thymian, Eukalyptus, Anis
Der Thymian wurde früher als „Antibiotikum der armen Leute“ bezeichnet. Die stark antimikrobielle Wirkung geht vom Bestandteil Thymol aus. Untersuchungen haben ergeben, dass sie um das 25fache stärker ist als die von Phenol. Damit gehört dieser Naturstoff zu den stärksten keimtötenden Substanzen, die die Natur zu bieten hat. Carvacrol ist eine weitere Natursubstanz im Thymianöl mit bakteriziden und entzündungshemmenden Eigenschaften. Thymianöl wirkt zudem entkrampfend auf die Bronchien, verdünnt den Bronchialschleim und erleichtert das Abhusten.
Bekannt aus der Anwendung beim Menschen ist auch das Eukalyptusöl, welches zur Schleimlösung bei Entzündungen der oberen Atemwege zum Einsatz kommt. Cineol, die Hauptkomponente dieses ätherischen Öls, verstärkt den Abtransport sowie den Auswurf von Schleim, es wirkt darüber hinaus entzündungshemmend.
Das Anisöl ist ein weiteres, süßlich-aromatisches Ätherischöl, welches gern in Hustenbonbons eingesetzt wird. Es wirkt belebend auf den Allgemeinzustand, appetitanregend, entkrampfend, schwach antibakteriell sowie vor allem Husten lösend.
Neben ihrem unmittelbaren physiologischen Effekt auf den Organismus wirkt der Duft der ätherischen Öle über die Sinneszellen in der Nase auch direkt auf das Hirn. Dass Gerüche Einflüsse auf Gefühle sowie auf die Hormonproduktion und das Immunsystem nehmen können, macht sich die Aromatherapie zu Nutze. Diese „sinnliche“ Seite der ätherischen Öle zur Steigerung des Wohlbefindens wird gern von den Menschen genutzt. Wenn auch unsere Nutztiere davon profitieren können… , warum nicht?